Diagonalschritt: So erreichen Sie spielerische Dynamik

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Die Skilanglauf-Lehrer Uwe Spörl (r.) und Jens-Uwe Reinhardt im Diagonalschritt beim Fotoshooting, das wir aufgrund der Corona-Reisebeschränkungen im Herbst 2020 in der Skihalle Oberhof durchgeführt haben.
© Daniel Elke

Dank Fellski-Boom erlebt die klassische Technik eine Renaissance. Unser Experte widmet sich dem Diagonalschritt als Basis dieser Bewegungsform – und zeigt einige Übungen und Aufgaben.

Text: Uwe Spörl

Im Skilanglauf-Weltcup oder den großen Volksläufen der Worldloppet-Serie sowie im Nachwuchsbereich war sie nie weg, doch im Freizeitbereich durchlebte die klassische Technik ein Tal in Sachen Popularität und Attraktivität. Mit dem Aufkommen der Fellski hat sich das deutlich gewandelt. Literatur zum Thema Steigwachs durchforsten: vorbei. Aufwendige Skipräparation und Wachsen vor dem Training: passé. Und das Risiko, mit der Wahl des Steigwachses danebenzuliegen, ist auch „vom Ski“. Auch der Fellski braucht ein Minimum an Präparation und Pflege, doch gilt sehr zur Freude der Nutzer oft die Devise: Ski nehmen, anschnallen und loslaufen. Damit wird klassisches Laufen wesentlich interessanter, weckt Neugier und Hunger auf mehr. Denn aus sportwissenschaftlichem Blickwinkel ist diese wunderbare Bewegungsform – auch auf hohem Niveau – in puncto Lauftechnik sowie konditionellem und koordinativem Anforderungsprofil eine echte Herausforderung.

Der Diagonalschritt – das Markenzeichen des klassischen Stils – lässt eine fast spielerische Dynamik in der Loipe zu, ist bei harmonischer und sportlicher Ausführung ein ästhetischer Genuss. Selbst das Laufen in der Skihalle bei schnellem Schnee und harter Spur erzeugt Gänsehaut-Feeling. Kurze Schritte am Anstieg, lange, ruhige in der Ebene und an den Übergängen richtig Geschwindigkeit mitnehmen … Flow pur! Mitleidsvoll denke ich an all die leistungs-orientierten Läufer, die sich im Doppelstockschub und mit dem Kopf nach unten ausschließlich durch die Loipen schieben. Sie verpassen den Glücksmoment, beim Diagonalschritt nach einem kräftigen Beinabstoß in eine entspannte Gleitposition über den Ski zu kommen und damit die Leichtigkeit dieser Stilart zu erleben.

„Light“-Variante

Gibt es beim Diagonalschritt Unterschiede zwischen Einsteigern und Könnern, zwischen Nordic Cruisen, Skilanglaufwandern und dem eher sportlich--dynamischen klassischen Stil? Ja! Für 
Ein-, Wieder- oder Umsteiger, teilweise sogar für Fortgeschrittene ist die sportliche Variante auf Anhieb nicht ganz einfach umzusetzen. Deshalb gibt es einen Diagonalschritt „light“: mit weniger Abstoßintensität, einer eher abrollenden Fußbewegung und einem Beidbeingleiten in der Gleitphase.

Im sportlich-dynamischen Bereich dagegen ist der Diagonalschritt durch eine explosive Streckung in den beteiligten Beingelenken und entspanntes Einbein-gleiten gekennzeichnet. Und selbst hier sind reichlich Bewegungsspielräume möglich, zum Beispiel durch unterschiedliche konditionelle Fähigkeiten, durch wechselnde Gelände- oder Schneebedingungen. Der Diagonalschritt lässt wegen seines breiten Anwendungsgebiets sehr viel Spielraum zu. Auch die Unterschiede in der Ausführung am Anstieg oder im ebenen Gelände erfordern Umstellung und Anpassung, am besten im Training beim Profi in einer Skilanglaufschule und beim Üben auf roten Loipen.

Unsere Aufgaben und Übungen haben für den Läufer das Ziel, Sicherheit und Gefühl für den Ski zu entwickeln. Dafür braucht es die optimale Position auf dem Ski.

Zuerst gilt es, die Voraussetzungen für das Beherrschen und die flexible An-wendung der Diagonaltechnik zu erarbeiten. Grundlage dafür sind Bewegungen beziehungsweise Bewegungsphasen, die sich ständig wiederholen. Diese werden als Grundfunktionen bezeichnet. Man unterscheidet:

• Abstoßen (Beine und Arme)

• Gleiten

• Belastungswechsel

Grundfunktionen bedingen einander. Erst im Zusammenwirken werden sie zu einer koordinierten Laufbewegung. Im Umkehrschluss: Würde nur eine Grundfunktion ausgelassen, käme nicht mal eine sinnvolle Bewegung zustande, schon gar nicht eine Lauftechnik. Grundfunktionen können aber dennoch akzentuiert trainiert werden.

Feine Abstimmung

Die einzelnen Grundfunktionen beim klassischen Diagonalschritt wiederum werden durch präzise, gezielte Bewegungen der beteiligten Gelenke und Körperteile definiert: die Aktionen. Die hohe Kunst des Skilanglaufs zeigt sich im fein aufeinander abgestimmten Zusammenspiel und in der Vernetzung von Grundfunktionen. Dabei sind Bewegungsqualität und Harmonie der ihnen -zugrunde liegenden Aktionen entscheidend. Auf den folgenden Seiten zeigen wir, wie man die Stabilität in den Grundfunktionen fördert, wie man beim Diagonalschritt in der Ebene die präzisen und gezielten Bewegungen stabilisiert und welche Anpassungen bezie-hungsweise Veränderungen beim Bewältigen von Anstiegen diese Technik erfordert. Vorausgesetzt wird bei diesen Übungen und Aufgaben, dass der Leser die Lauftechnik auf einem stabilen Level auf blauen und roten Loipen laufen kann.

nordic sports-Experte 


Uwe Spörl (54) war viele Jahre Mitglied im ­Ausbilderteam des Deutschen Skilehrerverbandes (DSLV) und ehemals auch der deutschen Skilanglauf-Nationalmannschaft. Seit vielen Jahren ­steuert er seine Expertise in Skilanglauf-Technik in nordic sports bei. Spörl betreibt seit 20 Jahren die Langlauf- und Schneesportschule ­Nordic Power in Oberjoch im ­Allgäu. Er hat schon an zahlreichen Volksläufen wie dem Vasaloppet, dem Ski-Trail Tannheimer Tal oder dem Arctic Circle Race ­teilgenommen.

GRUNDFUNKTIONEN ABSTOßEN BEINE UND ARME

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© Daniel Elke

Cross-Imitation ohne Ski, mit Stöcken am Anstieg

Diese Übung ist aus dem Herbsttraining bekannt und hilft auch auf Schnee, sich an den Abstoß auf rutschigen Untergrund ranzutasten. Dem Skilanglauf ähnlich wird es nur, wenn das jeweilige Schwungbein flach nach vorne geführt wird.

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© Daniel Elke

„Römisches Wagenrennen“

Partnerziehen in der Ebene oder ganz leicht bergauf: Der Ziehende hängst sich voll ins Seil und spürt dabei, wie weit man den KSP beim Laufen nach vorne bringen kann. Schlüsselaufgabe für eine optimale Abstoßposition.

In Ausgabe 5/2020 finden Sie zwei weitere Übungen zur Grundfunktion "Abstoßen Beine und Arme" sowie zahlreiche Aufgaben und Übungen zu folgenden Aspekten:

– Grundfunktion Gleiten

– Grundfunktion Belastungswechsel

– Technik Diagonalschritt in der Ebene

– Technik Diagonalschritt ­Anstieg

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