Langlauf-Ski 2022/23: Marktübersicht und Kaufberatung

© Salomon
nordic sports hat sich umgehört, wie die Lage auf dem Skimarkt aktuell ist, was man für 2023 erwartet – und was die Hersteller an neuem Material so empfehlen. Insgesamt 66 Modelle stellen wir vor. Dabei erfahren Sie auch, welche Ski speziell für Sie infragekommen.
Text: Timo Dillenberger
Direkt vorab eine gute Nachricht: Es scheint, als würden sich die kleinen Dramen, die sich in den vergangenen zwei Wintern teils in den Shops vor Ort abgespielt haben, in dieser Saison nicht wiederholen. Die Rede ist von Regalen wie zu Zeiten einer Wirtschaftskrise oder schlimmer. Zum Teil konnten Händler schon im Januar, also nicht mal mitten in der Saison, nur noch mit den Schultern zucken, mussten Langlauf-Neulinge oder Kunden mit Wunsch nach einem Upgrade auf Lieferengpässe verweisen und unverrichteter Dinge ziehen lassen. Auch online musste man Glück und oder gutes Timing beweisen, um den Wunschski oder etwas Vergleichbares zu bekommen.
Wir haben mit mehreren Händlern aus dem Süden und Osten Deutschlands gesprochen, und alle zeigten sich durchaus zufrieden mit der Situation. Die Lager seien gut gefüllt. Wenn überhaupt, wünscht sich zum Beispiel Bernd Arnold von Meister Nordic & Bike in Hirschau noch das ein oder andere Paar Schuhe, da könne es am Ende des Winters knapp werden, in Sachen Ski scheint die Branche wieder „im Rhythmus“ zu sein. Und das ist auch gut so, denn sowohl in Bayern als auch im thüringischen Oberhof bei Andreas Luck läuft bereits jetzt die erste Welle an. Man merke, dass die Menschen befürchten, erneut nicht das Wunschmaterial zu bekommen.
Der Abteilungsleiter für Langlauf und Jogging bei Sport Conrad in Penzberg, Julian Daum, berichtet, wie seine Mitbewerber von einem anhaltenden Trend zum Langlauf. Erfreulich aus Daums Sicht: die Diversität der Kundschaft. Von Jung bis Alt, Männer, Frauen – der Boom zum naturschonenden Langlauf als Alternative zum Pistenfahren oder Fitnessstudio kennt offenbar keine Grenzen. Sehr interessant, nachdem während der Pandemie viele Neulinge mit dem Skaten eingestiegen sind, scheint es aktuell wieder eher in Richtung des klassischen Stils umzupendeln. Der Shopleiter von Meister Nordic hat mehrfach diese Erfahrung gemacht, dass gerade die Neulinge so begeistert seien, dass sie schon in ihrem zweiten oder dritten Jahr bereit sind, eine neue Technik zu erlernen oder ihr bestehendes Material upzugraden. In Hirschau findet man Modelle der oberen Mittel- und Oberklasse. Die Menschen seien auch bereit, bei entsprechender Beratung etwas mehr auszugeben, so Arnold.
Das Feld der sehr günstigen Modelle überlässt man offensichtlich dem Onlinehandel und den „Trittbrettfahrern“. Damit sind Sportmärkte gemeint, die große Posten als Palettenware günstig anbieten und Überschüsse am Ende sogar verramschen. „Das macht es uns Fachhändlern natürlich schwer, wenn die mitten im Winter schon das fettrote Preisschild dranhängen“, erklärt Andreas Luck, der aber die Erfahrung gemacht hat, dass der Großteil der Hobbysportler die Produkte anfassen und im besten Fall Probe laufen will, ehe er oder sie sich entscheidet. Da hat er mit der Skihalle direkt vor der Tür beste Voraussetzungen. Eher die „alten Hasen“ sind wohl auf Schnäppchenjagd, die wissen aber auch genau, was sie wollen.
Beim Blick auf sein Sortiment fällt Luck etwas Ähnliches auf wie uns bei der Datenakquise zu unserer Kaufberatung: Der Cruiser scheint auf dem Rückzug. Der breite Hybrid aus Skitourer und Classic-Ski scheint die einzige Kategorie zu sein, in der Engpässe erwartet werden. Und auch für unsere Übersicht hier hat kein Hersteller ein solches Modell eingereicht, im letzten Jahr gab es gleich mehrere. Auch das Thema Kickzone hat sich weiter verschoben. Kein einziger Schuppenski fand den Weg in eine der Kaufempfehlungen, sogar bei den Rennski raten zwei von sieben Herstellern zu Fellvarianten.
Kein Quantensprung
Apropos Hersteller: Leider haben nicht alle Marken an unserer Übersicht teilgenommen. Tecnopro, Germina, Skitrab und Peltonen gibt es aber nach wie vor. Wahre Quantensprünge durfte man von den hier vertretenen in Sachen Entwicklung in diesem Winter wohl nicht erwarten, nach den zwei überaus belastenden Jahren waren eher Modellpflege und kleine Updates angesagt. Wahrscheinlich nicht zuletzt wegen der Olympischen Spiele waren dabei die jeweiligen Topmodelle im Fokus. Fischers „Speedmax“, Rossignols „XIUM“ oder Salomons „S/Lab“ haben nochmals abgespeckt, ein neues Kleid bekommen, stehen auf neuem, innovativem Belag oder werden wie letztgenannter zunehmend aus Recyclingmaterial hergestellt. Bei Salomon ist man übrigens besonders stolz auf den neuen G5-Belag, der seinen Namen von der (laut Hersteller) fünfprozentigen Energieersparnis hat. Allgemein sind die Beläge ein großes Thema, denn durch das geplante Fluor-Verbot im FIS-Bereich und die dadurch entstandene Diskussion gewinnen der eigentliche Gleitbelag und sein Finish wieder mehr und mehr an Bedeutung. Atomics Topskater mit der starken Taillierung gab es im letzten Winter schon, wird ab jetzt aber auch in größeren Stückzahlen ausgeliefert und auch fleißig verkauft, wie Andreas Luck berichtet. Trotz sattem Preis wird die anfangs etwas skurrile Form angenommen. Luck geht sogar so weit, diese Innovation mit der Wiedereinführung des Steigfells vor elf Jahren zu vergleichen, übrigens ebenfalls durch Atomic.

© Decathlon
Die kleine „Sensation“ des Winters, wenn der Termin denn gehalten werden kann, wird – ein bisschen überraschend – Decathlon präsentieren. Unter deren Brandnamen „Inovik“ soll noch in dieser Saison ein faltbarer Ski auf den Markt kommen. Zusammen mit Teleskopstöcken würde das viele logistische Probleme lösen, wenngleich von so einem Modell dann natürlich keine Wunder in Sachen Dynamik und Steifigkeit zu erwarten sind. Erste Bewegtbilder existieren, das zweiteilige Classic-Modell wird darin ähnlich dem Click-Laminat verbunden und mit einer Spannschraube fixiert. Coole Idee! Genauso freut uns die Kunde, dass einer der „nur“ zwei deutschen Hersteller, Nordicx, seine Produktpalette weiter ausbaut. Mit den Modellen „Erz“ und „Vogtland“ hat man hier wohl auf den Trend der meist topfitten Quereinsteiger reagiert. Es handelt sich um sportliche Modelle, die aber keine (jahre)lange Erfahrung und Top-Technik voraussetzen.
Nordicx konnte sich lange Zeit rühmen, besonders mit seinen Designs in der Loipe aufzufallen, da wird die Luft heuer aber deutlich dünner. Matt ist in! Wirklich alle Topmarken haben ihr Dekor angepasst, viele setzen dabei auf die matten Finishes. Weniger Farben und Schriftzüge sind angesagt, dafür dürfen die markentypischen Farben gerne auch ein bisschen knalliger, leuchtender sein. Ästheten könnten beklagen, dass dadurch die „alten“ Schuhe nicht mehr hundertprozentig zum neuen Ski passen, die Vollsortimenter haben nämlich auch fleißig an Schuhen, Bindungen und Stöcken gearbeitet. Aber keine Sorge, eine Design-Revolution gab es bei keinem Hersteller.
Das liebe Geld
Wer vor der Entscheidung steht, vielleicht alle drei zu ersetzen, sollte definitiv seine Finanzen checken. Julian Daum von Sport Conrad hat zwar ähnlich wie die bereits zitierten Kollegen nicht das Gefühl, dass die Kunden primär auf den Preis schauen. Fakt ist aber: Auch an der Branche sind Corona, Lieferketten-Abrisse sowie gestiegene Rohstoff- und Lieferpreise in Folge des Ukrainekonflikts nicht spurlos vorbeigegangen. Vergleichbare Modelle sind in den letzten zwei Jahren etwas über zehn Prozent teurer geworden. Und das scheint unabhängig davon zu sein, wo oder bei wem das jeweilige Modell gefertigt wurde.
Auf Rabatte zu warten könnte sich aber rächen, wenn der Boom anhält, besonders, wenn man markengebunden ist. Auf den „idealen“ Kunden angesprochen, wünschten sich die meisten befragten Shopbesitzer entweder Insider oder Uninformierte. Halbwissen aus dem Netz sei eher kontraproduktiv, aber auch eher die Ausnahme, so Luck und Arnold einstimmig. Unser Tipp: Wer sich etwas auskennt, sollte vor dem ersten Schnee zuschlagen, um freie Auswahl zu haben. Neulinge sollten eher die ersten Loipen nutzen, um sich im Schnee über Bedürfnisse und Angebot den Überblick zu verschaffen und am Modell beraten zu lassen.
Das bietet die nordic sports-Marktübersicht und -Kaufberatung

Insgesamt 66 Langlauf-Ski werden in der Kaufberatung vorgestellt. Wir haben zehn Kundenprofile – vom erfahrenen Läufer über den totalen Neueinsteiger bis zum Wiedereinsteiger – erstellt und geben dazu jeweils eine Empfehlung der verschiedenen Hersteller.
Dazu gibt es zu allen Modellen jeweils übersichtlich dargestellt folgende Angaben: Stilart (Klassisch, Skating), Ski-Typ (Wachsski, Fellski, Skater/Double-Pole) und Eignung nach Leistungsniveau entsprechend der Kennzeichnung von Loipen (für Wettkampforientierte, für gut Trainierte, für Fitness- und Gesundheitsorientierte, für Genuss- und Gesundheitsorientierte), Dynamik, Kontrolle.
Folgende Hersteller sind in der Marktübersicht vertreten:

Atomic
Fischer Sports
Inovik
Kästle
Madshus
Nordicx
Rossignol
Salomon
Anmerkung: Die Skimarken Tecnopro, Germina, Skitrab und Peltonen haben keine Skimodelle und keine Einschätzungen eingereicht.
Die komplette Marktübersicht mit Kaufberatung gibt es in Ausgabe 03/2023